Leon Anton (Gamertag: „Leon“) ist professioneller League of Legends-Spieler. Als einer von wenigen deutschen E-Sport-Athleten hat er sein Hobby zum Beruf gemacht. Welche Bedeutung E-Sport für ihn hat und wie er zu seinem einstigen Hobby heute steht, erzählt er im Vereinsheim seines Teams BIG in Berlin.

„Bin ich Sportler?“, Leon (21) zögert, als er die Frage wiederholt. Er sitzt auf der Couch im Gaming-Haus seines Teams BIG. Auch jetzt trägt er das schwarze Trikot seines Vereins, dazu eine schwarze Trainingshose. Er wirkt fit, sein Gesicht heiter. Nachdenklich lehnt er sich zurück – „Ich weiß nicht“. Er lächelt. Labels bedeuten ihm nicht viel und auch die Debatte um E-Sport als Sport kümmert ihn wenig. Er will nur spielen und sich mit seinem Team BIG in der deutschen League of Legends-Liga behaupten. Im Dezember stieß Leon zu BIG, davor erreichte er mit AGO Rogue den ersten Platz bei den nationalen Meisterschaften. Das Preisgeld: 8.000 Euro. Verschwindend gering verglichen zur internationalen E-Sport-Szene.

Schon längst reicht E-Sport über ein einfaches Randphänomen hinaus. Allein 2021 wurden weltweit 1,36 Milliarden Euro durch virtuelle Wettkämpfe erwirtschaftet, wie E-Sport- und Game-Daten-Anbieter NewZoo berichtet. Ein Betrag, der mit jedem Jahr weiter steigt. Im Kern steht dabei der Wettstreit, der mithilfe von Videospielen ausgetragen wird – je nach Spiel im Team oder eins-gegen-eins. Zu den erfolgreichsten Titeln zählt bis heute League of Legends, kurz: LoL. Zu fünft gilt es dabei den Nexus des gegnerischen Teams zu sprengen. Zu diesem Zweck wählt jeder Spieler einen von über 140 verfügbaren „Champions“. Sie alle verfügen über eine Vielzahl individueller Fähigkeiten und eine feste Rolle, die sie auf dem Spielfeld ausfüllen, beispielsweise Schaden auszuteilen oder Kameraden im Kampf zu schützen. Durch die Kombination der Champions entstehen Synergien im Team.

Jedes Jahr qualifizieren sich die besten Spieler für die Weltmeisterschaft. Zuletzt kämpften sie im November 2022 um ein Preisgeld von insgesamt 2,25 Millionen Euro. Für Leon ist es noch ein weiter Weg, wenn er dabei sein will. Angefangen hat er vor knapp neun Jahren – damals noch als Hobby nach der Schule. Als er dann die Meisterschaften sah, packte ihn die Begeisterung. LoL nahm von da an mehr Platz in seinem Leben ein. Immer mehr Zeit investierte er in sein Spiel.  Und wenn er nicht spielte, schaute er sich Videos von Profis an, um sich Spielweisen abzuschauen. Als er an die Haltung seiner Eltern von damals denkt, muss er lachen: „Sie sagten oft, ich sitz den ganzen Tag vorm Computer“. Dennoch zeigten sie viel Verständnis. Schon sein Bruder hätte semi-professionell Word of Warcraft gespielt und damit viel Zeit vor dem Computer verbracht.

Wirklich ernst wurde es, als er 2019 sein erstes Preisgeld gewann. Damals noch mit Bekannten, die er durch das Spiel kennenlernte. Im Anschluss daran ging er selbst aktiv auf Teams zu und fragte bei ihnen an. „Es ist schwierig den ersten Schritt ins Profidasein zu machen“. Sein damaliger Main, gemeint ist damit der bevorzugte Champion, war „Riven“ – eine Angreiferin, die besonders durch ihr großes Schwert auffällt. Heute spielt Leon Support und unterstützt in dieser Rolle seine Kameraden. Ein Team hätte damals noch jemanden in dieser Position gesucht. „Der Wechsel war der Anfang meiner Profikarriere“, erinnert er sich. Leon sitzt auf der Kante der weiten Couch. Immer wieder richtet er sich beim Erzählen auf, greift mit den Händen ineinander.

Seit zwei Jahren ist er Profi, verdient mit dem Spielen seinen Unterhalt – 2.500 Euro Brutto. Je nach Vertrag können Prämien für Preisgelder hinzukommen. Manche Spieler verdienen zusätzlich mit Streams oder Sponsoring. Wohnen tut er aktuell in den Räumen seines Teams. Hier hat er einen Schlafplatz, Trainingsräume, eine offene Küche zum gemeinsamen Essen. Auch seine Team-Mitglieder wohnen zum Teil dort. Trainiert wird an sechs Tagen in der Woche – zehn bis zwölf Stunden täglich. „Klar geht man sich auch mal auf die Nerven“, sagt er und lehnt sich dabei etwas zurück. Es ginge aber auch darum, Probleme gemeinsam zu lösen. So auch im Spiel. Zu den wichtigsten Voraussetzungen für eine E-Sport-Karriere in LoL sind daher Teamfähigkeit und soziale Kompetenzen. Hinzu kommen Disziplin und die Bereitschaft, auf andere Dinge zu verzichten. Genauso, wie beim Profi-Sport.

Von seiner Leidenschaft hat er seit seinem Einstieg also Profi-Spieler und E-Sport-Athlet wenig verloren. „Einen Plan B hab ich nicht“, antwortet er selbstbewusst: „Das würde bedeuten, ich hätte Zweifel an meinem Plan A“. Bis November ist Leon noch bei BIG unter Vertrag. Danach wird geschaut, wie sich das Team in der aktuellen Konstellation geschlagen hat. Dass Spieler mit jedem Jahr den Verein wechseln könnten, ist normal. Seinen alten Teams trauert Leon nicht nach, auch wenn er sehr viel Spaß mit ihnen hatte. Zu seinen ehemaligen Kameraden hält er aber weiterhin Kontakt.

Wer mit E-Sport nicht vertraut ist, wird Leons Beruf sicherlich skeptisch entgegentreten. Auch wenn viele Kinder und Hobby-Spieler bewundernd zu ihren Stars aufblicken. Ob E-Sportler der geilste Job ist? „Das muss jeder für sich selbst entscheiden“, erklärt Leon. Und wie er selbst darüber denke? Mit einem überzeugten Lächeln antwortet er: „Ich hab schon den geilsten Job der Welt“.

Kategorien: Games

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